The New Approach: Lebensläufe richtig verstehen und interpretieren

von Talentor Germany GmbH in , — Februar 2023
Das Sichten von Bewerbungsunterlagen gehört für viele HR-Verantwortliche zum Alltag. Das Herzstück bildet der CV, weitläufig auch Lebenslauf genannt. Er gibt Aufschluss über die Expertise und den Werdegang der potenziellen Kandidat*innen. Die Idealvorstellung eines makellosen CVs war viele Jahre lang nahezu in Stein gemeißelt. In erster Linie sollte er lückenlos sein. Schule, Ausbildung, Studium, Berufsstart und Karriereplanung mussten nahtlos aufeinanderfolgen. Zeitliche Lücken galten als untragbar und waren damit ein Ausschlusskriterium.

Weiterhin sollte der CV möglichst wenige Wechsel aufweisen. Kurze Tätigkeitszeiten und sich häufig verändernde Beschäftigungen wurden mit mangelnder Kontinuität, Unzuverlässigkeit und Sprunghaftigkeit in Verbindung gebracht. Last but not least sollte der Lebenslauf einen streng linearen Karriereweg aufweisen.

Je höher die ausgeschriebene Stelle in der Hierarchieebene angesiedelt war, desto unumstößlicher galten die genannten Richtlinien. Das heißt, Bewerbungen auf Führungspositionen wurde bei der Personalauswahl besonders genau unter die Lupe genommen.

Doch diese Vorstellungen gehören mittlerweile der Vergangenheit an. Die Gesellschaft und ihre Anforderungen an den individuellen Arbeits- und Lebensstil haben sich in den letzten Jahren maßgeblich gewandelt. Im Zeitalter von Bewerbungen via What’s App hat der konformistische Lebenslauf einer flexiblen, offenen Bewerbungskultur Platz gemacht. Wer sich bei der Interpretation der aktuellen CVs nicht dem Puls der Zeit anpasst, läuft Gefahr, ideale Talente im Vorfeld auszusortieren.


Die folgenden sechs Punkte für eine zeitgemäße Interpretation von Lebensläufen sollten HR-Verantwortliche daher unbedingt berücksichtigen:


1. Allgemeine zeitliche Lücken
Dauern Lücken länger als zwei Monate, sollten die Kandidat*innen sie im CV erläutern. Doch Lücken sind nicht gleich Lücken und noch viel weniger sind sie mit mangelnder Motivation oder Antriebslosigkeit gleichzusetzen. In den meisten Fällen dienen sie lediglich zur Überbrückung. Sie lassen sich plausibel erklären und sinnvoll in das Gesamtbild integrieren. Für mögliche Einschnitte gibt es die verschiedensten Anlässe, wie beispielsweise das Warten auf einen Studien- oder Ausbildungsplatz oder die Zeit zwischen zwei Anstellungen. Besonders Fach- und Führungskräfte können von einer kleinen Verschnaufpause profitieren, um Energie für die neue Position zu tanken oder sich fachlich darauf vorzubereiten.


2. Sabbaticals und längere Reisen
Ich bin dann mal weg! Im weiteren Sinne gehören auch längere private Reisen und Sabbaticals zu den Lücken im Lebenslauf. Fielen derartige Aktivitäten früher schnell in die Kategorie „Faulenzerei“, so richten HR-Verantwortliche ihre Einstellungskriterien heute verstärkt an vorhandenen Soft Skills aus. Kandidat*innen, die den Mut für Auslandsaufenthalte und Sabbaticals haben, bringen wesentlich mehr Lebenserfahrung mit als andere. Und das zahlt sich erfahrungsgemäß auch bei beruflichen Herausforderungen positiv aus. Bewerber*innen, mit Ecken und Kanten, die mit dem Rucksack um die Welt getrampt sind, bringen nicht nur gute Sprachkenntnisse mit und haben unter Umständen sogar die Zeit im Ausland genutzt, um einen speziellen Business Sprachkurs zu besuchen. Vielmehr haben sie einen anderen, oft bereichernden, Blickwinkel auf Dinge und Situationen.

3. Elternzeit
Eine unausgesprochene Regel billigte die Elternzeit lange nur den frisch gebackenen Müttern zu – und wurde dabei nicht selten milde belächelt. Doch auch Väter nehmen immer häufiger ihre Verantwortung gegenüber dem Nachwuchs wahr. Was vor einigen Jahren noch misstrauisch beäugt wurde ist heute positiv zu werten. Was könnte es Schöneres geben, als die Familie zu unterstützen und an dieser neuen Herausforderung persönlich zu wachsen. Nach der Rückkehr aus der Elternzeit sind viele Menschen ausgeglichener und souveräner, was sich förderlich auf die beruflichen Tätigkeiten auswirken kann. Welches Team würde sich keinen solchen Vorgesetzten wünschen? Vielleicht haben die Kandidat*innen während dieser Zeit sogar ein sinnstiftendes Ehrenamt bekleidet oder sich anderen sozialen Zwecken gewidmet und können ihre dadurch gewonnen Skills nun in den Arbeitsalltag integrieren.


4. Familiäre Verpflichtungen
Die Pflege von erkrankten oder betreuungsbedürftigen Familienangehörigen verdient eine spezielle Hochachtung, spricht sie doch für eine besondere Charakterstärke und Hingabe. Dadurch entstandene berufliche Auszeiten sollten HR-Verantwortliche den Bewerber*innen keinesfalls nachteilig auslegen, denn Arbeitnehmer*innen, die eine solche Aufgabe bewältigt haben sind in der Regel äußerst verantwortungsbewusst und belastbar – Prädikate, die besonders in Management Positionen täglich gefragt sind.


5. Arbeitslosigkeit
Arbeitslosigkeit wird speziell in Deutschland immer noch kritisch betrachtet. Dabei ist eine Arbeitslosigkeit vielfach nicht selbst verschuldet und kann zahlreiche Ursachen haben. Unter Umständen war der Arbeitgeber insolvent, die Abteilung musste betriebsbedingt geschlossen werden oder die COVID19-Pandemie führte zur unausweichlichen Kündigung. Kein Grund also, den Bewerber*innen unter Vorbehalt zu begegnen oder den Lebenslauf gar auszusortieren. Was viel interessanter ist als der Umstand der Arbeitslosigkeit selbst ist die Frage, wie diese Zeit überbrückt wurde. Wurden beispielsweise sinnvolle Weiterbildungsmaßnahmen absolviert, um sich für die anstehenden beruflichen Herausforderungen zu rüsten?

6. Häufige Wechsel (Jobhopping)
Die Generation unserer Eltern oder Großeltern ging nicht selten bei dem Arbeitgeber in Rente, bei dem sie schon die Ausbildung gemacht hatte. Ein solches Arbeitsleben galt Jahrzehnte lang als vorbildlich und erstrebenswert und wurde mit den Attributen Kontinuität, Durchhaltevermögen und Treue ausgestattet.

Doch auch auf diesem Blatt prangt heute weitgehend der Stempel „passé“. Wer sich beruflich immer auf denselben bekannten Pfaden bewegt, verliert schnell den Blick für Innovationskraft und Weiterentwicklung. Man bleibt sprichwörtlich stehen.

Mehrere Wechsel – auch in kürzeren Abständen sind mittlerweile legitim oder sogar gewünscht. Sie sprechen für Flexibilität, Dynamik und Neugier. Kandidat*innen, die sich auf mehreren Gebieten und bei mehreren Firmen getummelt haben, bringen wesentlich mehr Expertise mit als andere. Und davon profitiert letztendlich der zukünftige Arbeitgeber.

FAZIT
Ein detaillierter Blick hinter die Kulissen lohnt sich immer, um ein vollständiges Bild der Bewerber*innen zu erhalten. Denn meist können durch den CV entstandene Unklarheiten begründet und ausgeräumt werden – und vielleicht kommen dabei auch noch andere versteckte Talente zutage.

Als professionelle Personalberatung unterstützen wir Sie gerne bei der zeitgemäßen und zielführenden Interpretation von Lebensläufen. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme unter office.munich@talentor.com!

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